Völkerkunde - 5. Klasse - 4. Quartal

Guten Tag, liebe Schülerinnen und Schüler!
Mein Name ist Amalthea Historia und ich darf euch ganz herzlich zu unserer letzten Völkerkundestunde in diesem Schuljahr begrüßen.
In diesem Unterricht werdet ihr etwas über einige interessante Völker dieser Erde lernen. Ich habe überwiegend Völker ausgewählt, über die sonst wenig berichtet wird. Meistens handelt es sich um Minderheiten, die darum kämpfen, ihr traditionelles Leben weiterführen zu dürfen. Aber ich werde auch aussterbende Völker vorstellen. Natürlich kann ich keine umfassende Darstellung geben. Ich werde mich aber bemühen, wichtige Aspekte herauszugreifen.

In der fünften Klasse beschäftigen wir uns mit Völkern, die den amerikanischen Kontinent bewohnen. Das Thema dieser Stunde sind:

Die indigenen Völker des Andenhochlandes (Schwerpunkt Bolivien)

Siedlungsgeschichte

a) Die ersten Menschen, die in der Gegend des heutigen Boliviens siedelten, kamen vor rund 21000 Jahren von Asien über den damals existierenden Landweg, die Beringstraße, auf den amerikanischen Kontinent. Die ältesten Funde gehen auf die Zeit um 8000 v. Chr. zurück. Sie belegen, dass die Menschen um diese Zeit das Nomadenleben aufgaben. Sie ließen sich als Bauern nieder und begannen, Lamas als Haustiere zu halten.

b) Etwa um 600 v. Chr. entstand am Titicacasee die Tiwanaku-Kultur. Ihre riesigen monolithischen (= aus einem einzigen Stein gehauenen) Figuren und das sogenannte "Sonnentor" sind Zeugen dieser großartigen Baukunst. Hier seht ihr ein Foto dieses Bauwerks, über dessen Bedeutung die Wissenschaftler heute noch rätseln.

Sonnentor

Daneben sind Keramiken und Textilien aus dieser Zeit erhalten geblieben. Aber sehr viel ist über diese Kultur nicht bekannt. Tiwanaku war wohl ein religiöses und kulturelles Zentrum, aber ob es zugleich auch ein politisches Tiwanaku-Reich gegeben hat, ist unklar. Bis zum 10. Jahrhundert n. Chr. weitete sich der kulturelle Einflussbereich Tiwanakus immer mehr aus und erstreckte sich schließlich über einen Großteil der Anden bis hinab zur Küste.

c) Im 13. Jahrhundert stiegen die Aymara zu einer regionalen Macht auf.

Aymara

Sie gründeten gut organisierte Fürstentümer. Ähnlich wie später bei den Inka gab es Adlige, für die die übrige Bevölkerung arbeiten musste. Innerhalb von zwei Jahrhunderten weiteten sie ihren Herrschaftsbereich nicht nur auf das südliche Andengebiet aus, sondern drangen auch in das Tiefland Boliviens vor.

d) Gleichzeitig wuchs mit den Inka im Norden eine mächtige Konkurrenz heran. Von Cusco aus eroberten die Inka zwischen 1230 und 1527 in nur 300 Jahren ein riesiges Reich, das sie Tawantinsuyu nannten, und das zum Schluss vom südlichen Kolumbien bis ins nördliche Argentinien reichte. Dabei vermieden die Inka Kriege, wenn sie neue Gebiete erobern wollten. Sie hatten eine viel raffiniertere Strategie. Sie schickten zunächst Abgesandte in die fremde Provinz, die an die dortigen Herrscher Geschenke verteilten und die Vorteile der Unterwerfung herausstellten. Sie versprachen außerdem wirtschaftliche Hilfe. Stimmte der Herrscher der Unterwerfung zu, wurde er zum Statthalter der neuen Provinz des Inkareiches eingesetzt. Nur wenn er sich weigerte, wurde sein Land mit Gewalt erobert, aber dieser Fall war selten. Auch die Aymara schlossen sich freiweillig dem Inkareich an.
Die einfachen Menschen lebten in weitverzweigten Familienverbänden, den Ayllus. Diesen Gemeinschaften gehörte der Ackerboden gemeinsam. Er wurde gemeinsam bewirtschaftet und die Ernte wurde unter allen aufgeteilt. Ein bestimmter Flächenanteil stand dem Inka-Herrscher und den Priestern zu. Außerdem musste jeder Untertan Arbeitsdienst, die Mita, leisten. Er musste helfen, das Straßennetz instand zu halten oder Stoffe weben, die von den Adligen benötigt wurden.

e) Die Herrschaft der Inka fand mit dem Auftauchen der Spanier im 16. Jahrhundert ein abruptes Ende. Hier seht ihr ein Bild der Ankunft der Europäer im Tumbes 1526.

Ankunft der Europäer

In nur wenigen Jahren war das Inkareich in ihrer Hand. Sie regierten mit unglaublicher Härte und Brutalität und plünderten rücksichtslos die Reichtümer des Landes. Zu hunderttausenden zwangen sie die indigene Bevölkerung in die Minen der Silberbergwerke, wo im Laufe der nächsten 200 Jahre Millionen Indigena ihr Leben ließen. Gleichzeitig taten die Spanier alles, um die kulturelle Identität der Bevölkerung auszulöschen: Die Sprachen Quetchua und Aymara wurden verboten, die traditionelle Kleidung durfte nicht mehr getragen und die alten Bräuche nicht mehr gepflegt werden. Der alte Glaube der Inka wurde durch die katholische Kirche erbittert bekämpft.
Natürlich formierte sich immer wieder Widerstand gegen die Unterdrückung. Berühmt wurde Tupac Amaru, der Nachfahre des letzten Inka, dem es 1780 gelang, Cusco zu erobern und La Paz neun Monate lang zu belagern. Der Aufstand wurde letztendlich niedergeschlagen und Tupac Amaru grausam hingerichtet. Aber noch heute verehrt ihn die indigene Bevölkerung als ihren größten Freiheitshelden. Hier seht ihr eine Zeichnung von ihm.

Tupac Amaru

f) Als sich Anfang des 19. Jahrhunderts die südamerikanischen Staaten die Unabhängigkeit erkämpften, bedeutete das keine Verbesserung der Lebenssituation der indigenen Bevölkerung. Denn die Macht lag in den Händen der Nachkommen der spanischen Eroberer und die hatten kein Interesse daran, die Abgabenpflicht und die Zwangsarbeit aufzuheben. Bolivien wird seitdem von Putschversuchen und Regierungswechseln erschüttert und kommt nur langsam zur Ruhe. Die indigene Bevölkerung kämpft weiterhin um ein menschenwürdiges Leben.

Die Lage der indigenen Bevölkerung heute

Noch immer gibt es in Bolivien eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: auf der einen Seite die reichen Weißen, die Nachkommen der spanischen Eroberer, auf der anderen Seite die arme indigene Bevölkerung.
Die Weißen führen in den Städten ein an Europa orientiertes angenehmes Leben. Die Indigena, die zwei Drittel der Bevölkerung stellen, leben sowohl in der Stadt als auch auf dem Land unter erbärmlichen Bedingungen. Sie verrichten einfache Hilfsarbeiten oder arbeiten in Bergwerken für einen Lohn, der gerade mal zum Überleben reicht. Sogar Kinder schuften in den Minen.

Im Bergwerk

Auf dem Land ringen die Bauern dem kargen Boden gerade das Allernotwendigste ab. In den Städten hat sich außerdem eine Mittelschicht aus Mestizen gebildet. So nennt man die Abkömmlinge von Weißen und Indigena. Sie verdienen ihr Geld im Handel und im Transportwesen.

Traditionen und Kultur

a) Die indigenen Frauen, auch die Mestizen-Frauen, zeigen mit ihrer Kleidung die Verschmelzung der spanischen Kultur mit der der Inkas. Da ist zunächst der voluminöse Rock, die Pollera, zu nennen, für deren Herstellung bis zu 8 m Stoff benötigt wird. Er wird an den Hüften akkurat gefaltet. Unter ihm werden mehrlagige Spitzenunterröcke getragen. Dazu gehört ein dicker Pullover und darüber noch eine Strickjacke. Um die Schultern wird eine Manta gelegt, ein rechteckiges Schultertuch mit Fransen, das in der Mitte gefaltet wird, wie die Schultertücher der Inkaprinzessinnen. Müssen Waren oder kleine Kinder getragen werden, packt man sie in den Ahuayo, ein Umhängetuch. Meistens sind die leuchtend bunten Kleidungsstücke aus Polyester oder anderen Kunstfasern angefertigt. Nur an Festtagen werden die kostbareren Gewänder aus Seide, Samt, Brokat und Taft hervorgeholt. Dann wird auch der wertvolle Schmuck, z. B. Ohrringe, die Pendietes oder Caravanes genannt werden, angelegt. Früher trugen die Frauen dazu hohe, an der Seite geknöpfte Stiefeletten. Heute bevorzugen sie flache Schuhe. Das seltsamste Kleidungsstück der Frauentracht ist sicherlich der Bowler-Hut, der hier Bombín genannt wird. Natürlich ist er kein ursprünglicher Bestandteil der Tracht. Wie er das aber wurde, darüber gibt es verschiedene Geschichten. Eine beginnt in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Damals fiel angeblich eine größere Lieferung Hüte für die Eisenbahnarbeiter zu klein aus und wurde an die indigene Bevölkerung verteilt und in die Frauentracht integriert. Eine andere Geschichte geht in die 80er-Jahre des 19. Jahrhunderts zurück. Hier hatte ein französisches Bekleidungsunternhemen bei einer englischen Hutfirma mehrere tausend dieser Hüte bestellt, war aber bei Auslieferung bereits pleite gegangen. Um den Verlust wenigstens etwas wettzumachen, wurden die Hüte an die indigene Bevölkerung verkauft. Übrigens weist die Art, wie der Hut getragen wird, auf den Familienstand der Trägerin hin: Sitzt er gerade, ist sie verheiratet, sitzt er schief, ist sie ledig.

Kleidung

b) In der heute gelebten Religion haben sich der alte Inka-Glaube und der katholische Glaube der Eroberer vermischt. Werden Heiligenfeste gefeiert, wird auch den alten Gottheiten gehuldigt und es werden alte Rituale und Opfer zelebriert. Ob die Ernte gut ausfällt, die Viehzucht erfolgreich ist oder die Familie gesund bleibt, hängt z. B. vom Segen der Pachamamas, der Mutter Erde, ab. Bevor ein Bauer das Feld bestellt, bittet er mit traditionellen Riten und Opfergaben die Mutter Erde um Verzeihung für die Verletzungen, die er ihr zufügen wird.

Zeremonie

In aufwändigen Zeremonien gehen die Bauern mit Fackeln eine ganze Nacht auf ihrem Feld umher und streuen Cocablätter aus. Was sie sich an materiellen Gütern wünschen, wird als Miniatur aus Zucker verbrannt. Die Gaben sind Ausdruck höchster Achtung und gleichzeitig ein Handel: Soll Pachamama ihren Segen geben, muss gut für sie gesorgt werden, denn sie gilt als sehr gerecht und wird das, was man ihr gibt, in Form von guten Ernten wieder zurückgeben.

c) Bestimmt hat jeder von euch schon einmal Musik aus den Anden gehört. Die traditionelle Flötenmusik der Anden wirkt melancholisch, weil sie auf dem Fünftonsystem, der Pentatonik, beruht. Der Yaravi, das "leise Lied", wurde ursprünglich zu Vermählungen und anderen festlichen Anlässen gesungen. Er drückt neben Melancholie auch Trauer und Schmerz aus. Der Huayño ist ein lebhafter und mitreißender Tanz. Er wird auf der Antara, der Panflöte aus Schilfrohr, oder der Quena, einer kleinen pentatonischen Flöte, die früher aus Lamaknochen hergestellt wurde, angestimmt. Dazu wird eine kleine Trommel, die Tinya, geschlagen. Die Tanzpartner halten sich an den Händen und stampfen heftig mit den Füße auf. Saiteninstrumente kamen erst mit den spanischen Eroberern in die Anden, so der Charango, eine mandolinenartige kleine Gitarre, deren Resonanzkörper häufig aus dem Panzer eines Gürteltieres besteht, oder die Andenharfe mit ihrem großen bootsförmigen Resonanzkasten. Hier seht ihr einige Kinder, die auf Panflöten spielen.

Kinder mit Panflöten

d) Überall auf den Märkten kann man traditionelles Kunsthandwerk bestaunen und erwerben. Der Verkauf ist eine wichtige Einnahmequelle für die indigene Bevölkerung. Da gibt es Erzeugnisse aus Alpaka- oder Schafswolle (Pullover, Decken, Ponchos, Mützen, Wandbehänge), die alle handgefertigt, gestrickt oder gewebt wurden.

Webrahmen

Auch Lamafelle und schön gearbeiteter Silberschmuck werden angeboten. Wer Handgetöpfertes mag, wird hier wunderschöne Keramiken finden, die mit typischen Ornamenten der Anden bemalt sind. Am Titicacasee kann man kleine Boote aus kaufen, die aus Totoraschilf geflochten wurden. Es sind Modelle der Schilfboote, mit denen die Einheimischen auch heute noch auf den See paddeln. Auch Körbe werden aus diesem Material hergestellt. Die Tücher aus denen die bei Touristen beliebten kunterbunten Rucksäcke, Taschen und Geldbeutel genäht werden, wurden maschinell aus Kunstfasern gewebt, werden aber als aus "reiner synthetischer Wolle" gefertigt angepriesen. Abgesehen davon sind sie sehr haltbar!

e) Eines der Hauptnahrungsmittel der Andenbewohner ist die Kartoffel. Sie wird in vielen hundert verschiedenen Sorten und Geschmacksrichtungen angebaut und zubereitet. Chuño ist z. B. eine gefriergetrocknete Bitterkartoffel. Sie wird zunächst dem Nachtfrost ausgesetzt und dann an der Sonne getrocknet. Durch dieses Gefrier-Trocknungsverfahren verliert sie stark an Gewicht und Volumen. Vor der letzten Trocknung wird mit den Füßen das letzte Wasser herausgequetscht. Danach ist sie bis zu zehn Jahre haltbar und durch ihr leichtes Gewicht mühelos in Vorratslager zu transportieren, wo sie die Andenbewohner bei Missernten vor Hungersnöten bewahrt. Auch andere Knollenfrüchte können durch dieses Verfahren haltbar gemacht werden. Ein weiteres wichtiges Grundnahrungsmittel ist Mais, den übrigens schon die Inka zu Popcorn verarbeitet haben. Auch Quinoa ist ein Nahrungsmittel aus der Inkazeit. Diese sehr eiweißreichen Körner dienten den Stafettenläufern der Inka als Proviant und waren und waren lange Zeit als Suppengericht in ganz Südamerika verbreitet. Gern wird auch Ziegen- und Lamafleisch gegessen, oder selbstgemachter Käse. Alle Speisen werden mit höllisch scharf gewürzt. Getrunken wird wird neben Säften sehr gerne Chicha, ein Maisbier, dessen Gären durch Kauen der Maiskörner erreicht wird.


Und hier sind eure Hausaufgaben!

Ihr könnt für die Hausaufgabe auch [ dieses Word-Dokument ] benutzen.

Löst das folgende Silbenrätsel. Für jedes herausgefundene Wort erhaltet ihr drei Punkte.

a - ay - ayl - cha - fel - kar - ku - kul - la - le - lus - ma - ma - ma - ma - ma - mes - na - na - pa - pol - puc - que - ra - ra - ra - ru - schilf - su - ta - ti - tin - ti - to - to - tof - tu - tur - wa - wan - yu - zen

1. Haustier der ersten Siedler
2. Kultur am Titicacasee
3. Gründer von Fürstentümern
4. Inkareich
5. Familienverbände im Inkareich
6. Freiheitsheld
7. Nachkommen von Weißen und Indigena
8. traditioneller Rock
9. Mutter Erde
10. kleine Flöte
11. Flechtmaterial für Bootsmodelle
12. Hauptnahrungsmittel

Zusatzaufgabe für besonders eifrige Schüler, die gern mehr Punkte haben möchten:
Beschreibe, welche Bedeutung der bolivianische Präsident Evo Morales für die indigene Bevölkerung Bolviens hat.

Ich hoffe, der Unterricht hat euch Spaß gemacht und wir sehen uns im nächsten Schuljahr wieder.

Habt ihr Fragen oder Anregungen? Nutzt den Hausaufgabenthread im Schulforum! Ich werde mich bemühen, jede Frage so schnell wie möglich zu beantworten.



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Das Copyright dieses Unterrichtstextes liegt ausschließlich bei acm1961 · Mail: acm1961@gmx.de · Dieser Unterricht wurde nur in Mandragoras veröffentlicht.