Guten Tag, liebe Schülerinnen und Schüler!
Mein Name ist Amalthea Historia und ich darf euch ganz herzlich zu unserer dritten Völkerkundestunde in diesem Schuljahr begrüßen.
In diesem Unterricht werdet ihr etwas über einige interessante Völker dieser Erde lernen. Ich habe überwiegend Völker ausgewählt, über die sonst wenig berichtet wird. Meistens handelt es sich um Minderheiten, die darum kämpfen, ihr traditionelles Leben weiterführen zu dürfen. Aber ich werde auch aussterbende Völker vorstellen. Natürlich kann ich keine umfassende Darstellung geben. Ich werde mich aber bemühen, wichtige Aspekte herauszugreifen.
In der siebten Klasse beschäftigen wir uns mit afrikanischen Völkern. Das Thema dieser Stunde sind:
Die Mbuti (frühere Bezeichnung: Pygmäen)
Geschichte
Der tropische Regenwald Zentral- und Westafrikas ist seit über 10000 Jahren die Heimat mehrerer kleinwüchsiger Völker, die früher unter dem Begriff Pygmäen zusammengefasst wurden. In Wirklichkeit handelt es sich aber um ethnisch verschiedene Völker. Gemeinsam ist ihnen der kleine Wuchs und die Lebensweise als Jäger und Sammler. Sprachlich, hinsichtlich der Jagdmethoden und teilweise ihres Lebensraums gibt es aber erhebliche Unterschiede zwischen den Gruppen.
Die Aka bewohnen die südliche Region der Zentralafrikanischen Republik und den nördlichen Teil des Kongo. Die Baka und Bayaka leben im Südosten Kameruns, im nordwestlichen Kongo und im nordöstlichen Gabun. Die Mbuti, Asua und Efe findet man im Ituri-Wald der nordöstlichen Demokratischen Republik Kongo. Die Tikar und die Cwa sind in Kamerun und der Demokratischen Republik Kongo am Rand der Steppe zu Hause, und die Twa in den Bergregionen Ruandas.
Schon 2300 v. Chr. hatten ägyptische Karawanen die kleinwüchsigen Menschen entdeckt und einige von ihnen zur Unterhaltung des Pharaos an den Königshof verschleppt. Auch die alten Griechen zur Zeit des Dichters Homer hatten im 8. Jahrhundert v. Chr. Kunde von den kleinen Menschen. Auf sie geht die Bezeichnung Pygmäen zurück, was übersetzt ungefähr "Zwerg" oder "Däumling" bedeutet.
Aber solche Kontakte blieben die Ausnahme. Die Gruppen lebten in ihrem Siedlungsgebiet, das sich ursprünglich von der heutigen Elfenbeinküste bis zum Viktoriasee erstreckte, jahrhundertelang unbehelligt. Zu Beginn des zweiten nachchristlichen Jahrtausends drängten Bantuvölker die Gruppen immer weiter nach Osten in den unzugänglicheren Regenwald zwischen Kamerun und dem Viktoriasee ab. Niemand folgte ihnen dorthin. Wagte es doch mal eine Sklavenkarawane ihr Territorium zu betreten, wurde sie mit Giftpfeilen verjagt. Als sich um 1700 größere Bantugruppen am Rande des Urwalds niederließen, begegneten sie den kleinwüchsigen Völkern mit einem ausgeprägten Rassismus, dennoch entwickelte sich ein Tauschgeschäft zwischen den beiden ungleichen Volksgruppen, bei dem die Bantu Mais, Maniok, Bananen, Salz und Werkzeug aus Metall gegen Fleisch und Heilkräuter eintauschten. Dennoch kümmerte sich weiterhin niemand besonders um die kleinen Menschen, bis im 20. Jahrhundert durch den technischen Fortschritt und die Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten die Ausbeutung und Vernichtung des Regenwaldes begann.
Traditionelle Lebensweise
a) Wohnform
Die Mbuti leben als Jäger und Sammler in Gruppen von höchstens 50 miteinander verwandten Personen in Lagern zusammen. Die einzelnen Familien leben in ihren eigenen runden Hütten aus Zweigen und Blättern.
Die Hütten werden kreisförmig um einen zentralen Platz angeordnet. Der Eingang zeigt immer zu den befreundeten Familien. Ändern sich die Beziehungen, wird der Eingang oder die Hütte verlegt. Der Lagerplatz wird, abhängig vom Nahrungsangebot, fünf- bis sechsmal im Jahr verlegt.
b) Ernährung
Die Mbuti leben in enger Beziehung zu ihrer Umwelt und kennen über 1000 Pflanzen und 300 Tierarten mit Namen.
Die Frauen sind für das Ausgraben wilder Yamswurzeln und das Sammeln essbarer Blätter, Pilze und Nüsse zuständig. Das Sammeln der Schmetterlingsraupen zum Höhepunkt der Regenzeit wird von Männern und Frauen gemeinsam erledigt. Vor dem Verzehr werden die Raupen geröstet, um die Borsten zu entfernen, dann werden sie gekocht.
Während der Trockenzeit erklimmen die Männer mithilfe eines Gürtels, den sie um den Baumstamm schlingen, hohle Baumstämme, um nach Honig zu suchen, der in Rindenbehältern gesammelt wird. Die dafür benötigte Axt wird während des Aufstiegs über der Schulter balanciert. Die Jagd wird mit unterschiedlichen Methoden betrieben. Großsäuger wie Elefanten und Gorillas werden während der Regenzeit aufgespürt. Dazu bewaffnen sich die Männer mit Speeren, die Eisenspitzen haben, und brechen gruppenweise auf. Es gibt auch große Treibjagden auf Ducker (kleine Antilopen) und Stachelschweine, an denen sich die ganze Gruppe beteiligt. Dabei werden streckenweise Netze durch den Wald gespannt und das Wild durch Rufe und Schlagen auf die Pflanzen hineingetrieben. Aber auch das Erlegen der Tiere mit Pfeil und Bogen oder Speeren ist üblich. Stachelschweine und große Ratten (bis 2 kg!) werden auch in Gruppen von 2-3 Männern gejagt, während baumbewohnende Affen meistens von einem einzelnen Jäger mit vergifteten Pfeilen erlegt werden. Um die Affen anzulocken, fertigt der Jäger aus dem Samen des Autranella-Baumes eine Pfeife an, die den Schrei des afrikanischen Affenadlers nachahmt. Daraufhin verfällt der Anführer der Affenhorde in ein wütendes Imponiergehabe, was dem Jäger Gelegenheit gibt, seine Beute ins Visier zu nehmen.
c) Soziale Organisation
Die Gruppen kennen keinen Häuptling oder Anführer.
Prinzipiell werden gesammelte Früchte innerhalb der Familie, Fleisch aber von der ganzen Gruppe verzehrt. Rindenstoffe werden in Arbeitsteilung hergestellt und bemalt. Die Männer sind hierbei für die Herstellung des Stoffes zuständig. Dazu wälzen sie die Rinde des Feigenbaumes mithilfe eines Rindenbastklopfers aus. Die Frauen stellen die Farben her und sind auch für die Bemalung zuständig. Schwarze Farbe wird aus Holzkohle und dem Saft der Kange-Frucht hergestellt, rote Farbe aus dem gemahlenen Holz einer bestimmten Pflanze. Außerdem wird noch Zitronensaft für das Zeichnen von Mustern verwendet, die mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind. Die Motive erinnern stark an die Körperbemalung der Mbuti. Hier seht ihr einen Rindenstoff, der auf traditionelle Weise hergestellt und bemalt wurde.
Abgesehen von der Arbeitsteilung gibt es bei den Mbuti keine weiteren Unterschiede, was Rang oder soziale Stellung betrifft.
Die Mbuti leben zumeist monogam (mit einem Ehepartner). Von einem zukünftigen Bräutigam wird erwartet, dass er in der Familie der Braut für längere Zeit Dienste verrichtet. Nach der Hochzeit kann sich das Paar aber aussuchen, wo es wohnen möchte. Männer und Frauen treffen Entscheidungen gemeinsam. Kinder werden mit Zuneigung überschüttet und mehr oder weniger antiautoritär erzogen.
Streitigkeiten legt man durch endlose Diskussionen bei. Es kann auch vorkommen, dass eine Familie für eine Weile woanders hinzieht, bis sich die Gemüter wieder abgekühlt haben. Oder man führt Rituale mit Tanz und Gesang durch, die nur den Zweck haben, Spannungen abzubauen. Eskalationen mit physischer Gewalt sind extrem selten. Raffinierte Gesetze regeln die Güterteilung und gewährleisten, dass Nahrung und Wertobjekte im ganzen Lager aufgeteilt werden.
d) Musik und Religion
Die Mbuti sind für ihren polyphonen (mehrstimmigen) Gesang bekannt, der untrennbar mit ihren Zeremonien verbunden ist. Jeder, der bei den Versammlungen zugegen ist, nimmt daran teil. Begleitet wird der Gesang von Trommeln, die aus Baumstämmen hergestellt werden. Hier seht ihr einen Mbuti, der mit der Herstellung einer Trommel beschäftigt ist.
Einige Zeremonien hängen mit der Jagd zusammen. Dieser Tanz mit der Blättermaske soll eine erfolgreiche Netzjagd garantieren.
Die meisten Zeremonien stehen mit dem Überleben der Gruppe in Verbindung und betreffen Ereignisse wie das Verlegen des Lagerplatzes oder das Ende einer Trauerzeit. Von besonderer Bedeutung ist der Glaube an ein höchstes Wesen, den Herrn des Waldes, der eingeladen wird, unter der Tarnung einer Maske oder eines Klanges an der Versammlung teilzunehmen.
Heutige Situation
Die Existenz der Mbuti ist durch fortschreitende Einengung ihres Lebensraumes unmittelbar bedroht. Die Vernichtung großer Regenwaldgebiete durch Abholzung oder Brandrodung schafft veränderte ökologische Verhältnisse, denen sich die Mbuti nur schwer anpassen können. Die unabhängige Lebensweise als Jäger und Sammler wird zunehmend unmöglich. Die ursprüngliche Bevölkerungszahl aller kleinwüchsigen Gruppen ist von einer Million auf 150000 geschrumpft. Davon leben nur noch 25000 ihr traditionelles Leben. Die anderen leben unglücklich am Rand des Urwaldes in Abhängigkeit von den Bantu. Alle gutgemeinten Versuche, den kleinen Menschen durch die Übernahme von Ackerbau, Viehzucht oder Handwerk eine neue Existenz zu sichern, sind gescheitert. Sie scheinen zu einem Leben außerhalb des Urwaldes weder körperlich noch psychisch in der Lage zu sein. Viele sterben unter solchen Bedingungen an Kreislauf-, Herzversagen oder Hitzschlag. Die zunehmende Teilnahmslosigkeit gegenüber der Umwelt und der eigenen Situation sowie eine Kindersterblichkeit von über 50%(!) in einigen Gruppen beendete alle derartigen Experimente. Wirkliche Strategien zum Überleben der kleinen Menschen hat bis jetzt keine der zentral- und ostafrikanischen Regierungen entwickelt. Das wäre mit einem weitgehenden Schutz der Regenwälder verbunden, auf deren Ausbeutung im Augenblick keiner der betroffenen Staaten verzichten will.
Und hier sind eure Hausaufgaben!
Ihr könnt für die Hausaufgabe auch [ dieses Word-Dokument ] benutzen.
Löst das folgende Silbenrätsel. Für jedes herausgefundene Wort erhaltet ihr drei Punkte.
au - bast - baum - cker - den - du - en - fer - gen - heil - ho - hüt - i - klop - kräu - kreis - la - lauf - li - lings - mä - mer - nel - pen - phon - po - pyg - sa - rau - ri - rin - schmet - te - ter - ter - tra - tu - ver - wald - wur - yams - zeln
1. Sammelbezeichnung für kleinwüchsige Völker
2. Lebensraum der Mbuti
3. Dichter, der bereits von den kleinwüchsigen Völkern wusste
4. Tauschartikel für Werkzeuge aus Metall
5. Wohnstätte der Mbuti
6. Wird ausgegraben
7. Wird gesammelt und geröstet
8. Werden in Netze getrieben
9. Aus den Samen dieser Pflanze wird eine Pfeife für die Affenjagd angefertigt.
10. Hilfsmittel zum Auswälzen der Rinde
11. So ist der Gesang der Mbuti.
12. Häufige Todesursache der Mbuti bei Aufgeben der traditionellen Lebensweise.
Zusatzaufgabe für besonders eifrige Schüler, die gern mehr Punkte haben möchten:
Versuche herauszufinden, wie die Wissenschaftler sich die geringe Körpergröße der kleinwüchsigen Völker erklären.
Ich hoffe, der Unterricht hat euch Spaß gemacht und wir sehen uns im nächsten Quartal wieder.
Habt ihr Fragen oder Anregungen? Nutzt den Hausaufgabenthread im Schulforum! Ich werde mich bemühen, jede Frage so schnell wie möglich zu beantworten.
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